„Ja, mir san mit’m Radl da“ – Kommunalpolitische Erkundungstour durch Niendorf

Kaiserwetter bei unserer diesjährigen Niendorf-Radtour: Zusammen mit unseren Bezirkskandidaten und -abgeordneten Ines Schwarzarius, Torge Urbanski, Nils Harringa und Willi Mahnke ging es am 6. April auf 2 1/2-stündige Tour durch den Stadtteil.

Gestartet wurde in Niendorf-Nord mit einigen Sätzen zur Entwicklung des Quartiers, in dem wir vor zwei Wochen wieder unsere große Aufräumaktion durchgeführt haben und feststellen konnten: Es ist merklich sauberer geworden. Im öffentlichen Raum wurden eine ganze Reihe von Maßnahmen mit öffentlichen Mitteln umgesetzt: neue Bänke, Barrierefreiheit, verbreiterte Fußwege oder die Neugestaltung der Grünanlage, was positiv vor Ort wahrgenommen wird – ebenso wie die neue StadtRad-Station. Mit den Themen des Quartiers befasst sich nach wie vor der Stadtteil-Beirat, für den Mittel über den Verfügungsfonds bereitgestellt werden. Willi Mahnke vertritt hier seit langer Zeit engagiert die örtlichen Interessen und spricht Themen an, die aus dem Stadtteil an uns herangetragen werden. Worauf die Politik hier keinen direkten Einfluss hat, ist die Vermietungssituation. So sind die langen Leerstände – u. a. im ehemaligen Schlecker-Laden – ärgerlich und nicht förderlich für das Erscheinungsbild.

Strahlende Gesichter vor Beginn unserer diesjährigen Radtour
(Dank für die Fotos an W. Mahnke)

An der Ecke Vielohweg/Wagrierweg wurde das neue Wohnprojekt der FLUWOG-NORDMARK in Augenschein genommen. Hier wird eine neue moderne Service-Seniorenwohnanlage mit Gemeinschaftsräumen, Waschhaus und bedarfsgerechten sanitären Einrichtungen errichtet. Zudem entsteht eine Tiefgarage mit 43 Stellplätzen. Realisiert wird das Projekt auf bisher überirdischen Garagenflächen und vorab sind in einem breiten Beteiligungsprozeß die Genossenschaftsmitglieder zu Bedarfen und Plänen befragt und eingebunden worden. Die langjährige FLUWOG-Aufsichtsrätin Ilonka Nilius konnte uns hier „aus erster Hand“ berichten.

An der Ecke Wagrierweg/ Vilohweg mit Ilonka Nilius

Dass in Niendorf nicht nur nachverdichtet wird, sondern auch die Grünentwicklung eine große Rolle spielt, wurde dann auf der weiteren Strecke sichtbar.

Entlang ging es an der großen grünen Freifläche zwischen Niendorf und Schnelsen. Da man davon ausging, dass die Belegungskapazitäten einiger Friedhöfe im Hamburger Nordwesten bald erschöpft sein würden, plante man hier Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre einen neuen Friedhof. Das Gebiet unterliegt dem Landschaftsschutz.

Weiter ging es in die Grünanlage Voßbarg, die ab 1984 als Ausgleichsfläche für IKEA Schnelsen errichtet wurde. Neben viel Natur und Aufenthaltsbereichen findet sich hier eine der größten Hundeauslaufflächen im Bezirk und nach wie vor ein Unterstand, der vor allem als Jugend-Treffpunkt vorgesehen ist.

An der Grenze Niendorf/ Schnelsen mit Blick in den Voßbarg

Von der einen Grünalange – dem Voßbarg – sind es nur wenige Meter bis zum Grootsee-Park. Vor rund 100 Jahren wurde hier das Moorbad Grootsee eröffnet – nur einer der vielen Gründe für uns, die spannende Geschichte dieses Geländes aufzuarbeiten, auf dem sich heute öffentliche Grünanlage, beliebte Wegeverbindungen, attraktiver Kinderspielplatz und Treffpunkte für Jung & Alt finden. Wir hoffen, dass es uns zusammen mit Familie Kossmann, Kommunalpolitik, Verwaltung und örtlichem Geschichtsverein gelingt, die Erinnerungen lebendig zu halten. Entsprechende Beschlüsse sind bereits gefasst.

Der Grootsee

Beschäftigen wird uns auch das Park- und Pflegekonzept für die Grünanlage. Die Bauruine des ehemaligen Kossmann-Wohnhauses wurde mittlerweile abgetragen und der Bezirk hat für die Parkanlage jetzt ein Pflege- und Entwicklungsplan beauftragt, mit dem Vorschläge für geeignete Pflanzmaßnahmen erarbeitet und auch Rückzugsräume für Vögel und Tiere bedacht werden sollen.

Grootsee: Beliebter Treffpunkt für SpaziergängerInnen und für die Jugend auf dem Spielplatz, zum Fußballspielen oder auch bei Abi-Feiern

Nächster Stopp: Die Sportanlage Sachsenweg, die hier in den 1970er Jahren entstand. 2017 wurde im nordwestlichen Bereich der Anlage das neue Quartier für die NTSV-Laienspieler durch Unterstützung der Bezirksversammlung fertiggestellt, im Sommer 2017 dann der Kunstrasenplatz für rund 250.000 Euro erneuert. Perspektivisch machen sich Stadt und Verein Gedanken, den vorhandenen Grandplatz ebenfalls in einen Kunstrasen umzuwandeln, um damit noch mehr Möglichkeiten zur besseren Nutzung der Anlage zu schaffen. Torge Urbanski konnte hier über die Überlegungen und SchülerInnen-Vorschläge aus der Stadtteilschule Niendorf berichten, den angrenzenden Gummiplatz und die Skaterflächen aufzuwerten. Diese Ideen sollten in dem Zusammenhang aufgegriffen und in ein Gesamt-Konzept überführt werden.

Mit Torge Urbanski auf der Sportanlage Sachsenweg

Nach Ausführungen von Nils Harringa über die Entwicklungen der drei Schulen am Sachsenweg – Gymnasium Ohmoor, Oberstufe der Stadtteilschule Niendorf, Grundschule Sachsenweg -, über die weiter angestiegenen SchülerInnen-Zahlen, getätigte Investitionen und Zubauten, ging es auf den ersten längeren Abschnitt durch das Ohmoor – die Restfläche nördlich des Swebenweges wurde 1987 nach langen Bemühungen unter Landschaftsschutz gestellt – ran den Flughafen und die Tarpenbek.

Flughafen und Fluglärmschutz spielen gerade in unserem Stadtteil eine große Rolle und in Ausschüssen der Bürgerschaft und der Bezirksversammlung werden die Themen regelmäßig aufgegriffen.

So wurde bei Beratungen im letzten Jahr von den geladenen Expertinnen und Experten anerkannt, dass in Hamburg eine Reihe von lärmmindernden Maßnahmen durchgesetzt wurde. So wurde aufgrund von Beschwerden aus der Bevölkerung das so genannte Flachstartverfahren abgeschafft. Es gibt allerdings auch zwei Kritikpunkte: die Abweichungen von den Bahnbenutzungsreglungen und die Verspätungssituation am Hamburger Flughafen. Vor allem die Zunahme der Verspätungen nach 23 Uhr ist uns ein Dorn im Auge und wir setzen darauf, dass bereits beschlossene Maßnahmen Wirkung entfalten, wie z. B. die auf bis zu 700 Prozent erhöhten lärm- und zeitabhängigen Start- und Landegebühren für Verspätungen nach 23 Uhr, aber auch das Durchgreifen mit Ordnungswidrigkeitenverfahren, bei der Missachtung des Nachtflugverbots nach 24 Uhr. Aber die Verspätungsursachen sind vielfältig und nicht nur ein Hamburger Phänomen. So hat die Zunahme des Flugverkehrs europaweit zu einer Verschlechterung der Pünktlichkeit geführt.

Ein absolutes Highlight der Tour war die Besichtigung der neugestalteten und renaturierten Tarpenbek. Viele Maßnahmen haben in den letzten Jahren zur Verbesserung der Gewässerstruktur geführt. Wanderhindernisse für Fische wurden beseitigt und die Strukturvielfalt von Gehölzflächen verbessert. In Nähe des Rahsees wurde nun eine künstliche Nisthöhle gebaut, in der der Eisvogel brüten soll. Gesichtet wurde der Vogel vom „Vogelschlagbeauftragten“ des Flughafens schon.

Die angrenzende Rahweg-Grünanlage hat ebenfalls eine bewegte Geschichte hinter sich: Ab 1911 bis Ende der 1950er befanden sich hier Rieselfelder, also Anlagen zur Abwassereinigung. Anfang der 1960er wurde eine Mülldeponie angelegt, die später aufgeschüttet wurde. Durch den Ausbau der Startbahn 2 kamen die Teiche dazu – die Vorläufer des heutigen „Baggersees“. Pläne der Flugsicherung, die Teiche zuzuschütten, um die Ansiedlung von Vogelschwärmen zu behindern, stießen auf den massiven Protest der Niendorfer, da hier mittlerweile eine beliebte Schlittschuh-Lauffläche entstanden war. 1975 ließ der Bezirk einen Strand anlegen und gab den See zum Baden frei. Das wurde – nachdem das Hygiene-Institut Bakterien entdeckt hatte – wieder aufgehoben.

Blick auf den Rahsee

Der Bereich Niendorf-Ost, die Bedarfe der dortigen Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Anbindung des Quartiers, beschäftigen uns in der örtlichen SPD schon lange. Von Ines Schwarzarius wurde über die unterschiedlichen Initiativen, die Ergebnisse der hier durchgeführten „aufsuchenden Bürgerbeteiligung“ sowie über das nun von uns auf den Weg gebrachte Projekt des Bürgerbusses berichtet.

Eine längere Radstrecke führte uns dann in Richtung des Niendorfer Westens.
Über den 2016 neu hergestellten Münchhausenweg ging es in den Schwabenstieg (hier an der Ecke zum Garstedter Weg musste ein altes Gebäude von 1911 einem Neubau von 28 Eigentumswohnungen weichen), und über die Straßen Ohmoor und Ohmoorring gelangten wir in den Sachsenweg. Erfreulich: Die einstige Schlaglochpiste wurde beseitigt und der wichtige Schulweg instand gesetzt. Durch den Vielohweg und über die Paul-Sorge-Straße ging es zum Haus der Jugend Niendorf.

Der damalige Bezirksamtsleiter Dr. Harald Sieg sowie der frühere Ortsamtsleiter Otto Bierstedt waren in den 1960er Jahren Anstoßgeber für die Errichtung des hiesigen Hauses der Jugend (HdJ). Mit Unterstützung der Kommunalpolitik, der Familien Berenberg-Gossler und Bruhns sowie der Baugenossenschaft Freier Gewerkschafter und der Hamburger Sparkasse konnten Ende der 1960er Jahre Spenden zur Errichtung des ersten Bauabschnittes gesammelt werden. Mit Zuschüssen der Stadt wurde dann gebaut und im August 1973 die Einrichtung eröffnet. Bis 1984 wurde das HdJ erweitert und baulich in seiner heutigen Form fertig gestellt. Seit über 40 Jahren ist das Bezirksamt hier Mieter und Nils Harringa stellte heraus, dass die gute partnerschaftliche Zusammenarbeit immer zum Ziel hatte, Kindern und Jugendlichen einen attraktiven und niedrigschwelligen Anlaufpunkt im Stadtteil zu bieten, sich fortlaufend weiterzuentwickeln und auch neuen Entwicklungen anzupassen. Unterstützung, so Nils Harringa und Torge Urbanski, findet von der Bezirkspolitik auch das Jugendparlament im HdJ – ein Vorbild, auch für andere bezirkliche Regionen.

Geteilter Auffassung war die Gruppe – alle waren ja per Rad unterwegs – zu den in letzter Zeit diskutierten Planungen für eine Veloroute in der Paul-Sorge-Straße. Ines Schwarzarius schilderte noch einmal Abläufe, Kritikpunkte und auch, was die Kommunalpolitik von den Bürger-Anregungen alles aufgenommen und nun umgesetzt wird. Die Meinungen gingen von großer Zustimmung („endlich eine richtige Verbesserung für den Radverkehr“) bis hin zu entschiedener Ablehnung („kein Bedarf; Mittel wären anderswo besser eingesetzt“). Wie so häufig in der Politik, müsse dann unter Einbeziehungen vieler Gesichtspunkte eine Abwägung und Kompromißfindung erfolgen und man habe sich in vielen Gesprächen mit BürgerInnen und Verwaltung bemüht, dem gerecht zu werden.

Weiter ging es zum zweiten Niendorfer Bachlauf , der Kollau, die in Schnelsen entspringt, Niendorf und Lokstedt durchfließt und an der Grenze zu Groß Borstel in die Tarpenbek mündet – ein richtiger „Wahlkreis- oder Regionalbereichs-Bach“ also…;-)

Auch hier wurden am Gewässerlauf viele Maßnahmen zur naturnahen Gestaltung umgesetzt. Zuspruch – gerade bei dem tollen Wetter – findet nach wie vor der beliebte Kollauwanderweg-Spielplatz, der vor einigen Jahren aufwendig neu gestaltet wurde.

An der Sportanlage Bondenwald wurde der nächste Halt eingelegt. Gerade hier ist in den letzten Jahren unglaublich viel passiert: Bäderland-Schwimmbad und Sauna-Bereich wurden für rd. 10 Millionen Euro modernisiert. Die Sportanlage 2015 zu einem modernem Kunstrasenplatz mit Laufbahn umgebaut. Das neue Vereinsgebäude mit Umkleiden, Verwaltungsräumen und Einfeldhalle wurde letztes Jahr realisiert. Und am Gymnasium Bondenwald führen steigende Schülerzahlen dazu, dass seit Sommer letzten Jahres ein großer Erweiterungsbau auf dem Schulgelände entsteht und auch eine neue Sporthalle in Planung ist.

Nachdem wir bereits 2 1/2 Stunden unterwegs waren, wurde einstimmig in der Gruppe beschlossen, dass man die Themen aus dem Niendorfer Gehege, der Kirche am Markt und vom Tibarg bei einem Erfrischungsgetränk im Biergarten des Schweizer Hauses vertieft.

Gerade über die Entwicklungen im Niendorfer Gehege gab es dort erfreuliche Nachrichten zu verkünden: Neue Naturflächen und Feuchtbiotope sind entstanden, dazu wurde auch dafür gesorgt, dass der Forsthof mittlerweile personell und strukturell gut aufgestellt ist. Wie der Förster jüngst berichtete, geht es unserem Bezirks-Wald gut und es wurde in den letzten Jahren viel unternommen, um das Gehege voranzubringen: neuer Aussichtspunkt, Investitionen in den Spielplatz, neue Wege, Renaturierungen im Lokstedter Holt, Aussichtsplattform am Damwildgehege oder die Entwicklung von Nutzungs-Perspektiven für die Mutzenbecher-Villa.


Aussichtsplattform am Damwildgehege

Neben dem 100-jährigen Jubiläum für den NTSV steht in Niendorf noch ein weiteres historisches Ereignis an: Die Kirche am Niendorfer Markt wird 250 Jahre alt. Wir haben nun zusammen mit KirchenvertreterInnen und Verwaltung eine Initiative gestartet, das Kirchenumfeld – Parkplatzfläche, Pflasterung rund um die Kirche, Zuwegung zum Niendorfer Gehege – aufzuwerten und „fit für die Zukunft“ zu machen. Von der Bezirkspolitik wurden Mittel für Planungen und Gutachten bereitgestellt und damit der Weg frei gemacht, um die nächsten Schritte hier gehen zu können.

Der Tibarg gehört hamburgweit zu den attraktivsten Zentren, nicht zuletzt durch die Anstrengungen des BIDs, das wesentlich zur Attraktivitätssteigerung beigetragen hat. Für die Neuentwicklung der Tibarg-Mitte – den Bereich ehemaliger Schulstandort, Kundenzentrum, früheres Ortsamt sowie Marktfläche – wird die Auslegung der Planentwürfe derzeit vorbereitet.
Vorgesehen bzw. vorstellbar sind hier eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe, der Erhalt der Marktfläche, unterirdische Stellplätze, Aufenthaltsflächen und Außengastronomie.

Blick auf den Tibarg

Eine Erfolgsgeschichte ist das in der Alten Schule am Tibarg betriebene Begegnungszentrum, das vom Bezirksamt und der Initiative „Wir für Niendorf“ genutzt wird. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich schon länger intensiv mit der Frage, wo und wie die bestehenden Angebote fortgesetzt werden können, wenn die alten Gebäude abgerissen werden.

Es waren viele Eindrücke, Geschichten, Entwicklungen und Themen, die wir im Schweizer Haus noch länger diskutierten.

Es hat wieder viel Spaß gemacht und wird auf jeden Fall im kommenden Jahr wiederholt.

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