Der Hamburger Senat hat jetzt endgültig die Benennung des aktuell entstehenden Schnelsener Deckelparks auf der A7 sowie des neuen Quartiersplatzes an der Frohmestraße nach Persönlichkeiten der Zeitgeschichte beschlossen.
Die rund 500 Meter lange Grünanlage auf dem Deckel selbst wird künftig den Namen „Dorothea-Buck-Park“ tragen. Erinnert wird damit an die Autorin und Künstlerin, die als Opfer der NS-Diktatur für eine humane Psychiatrie gekämpft hat.
Teil des Deckelparks ist auch ein direkt an die Frohmestraße grenzender, von Zierobstbäumen gesäumter, 500 Quadratmeter großer Quartiersplatz, der künftig „Geschwister-Töllke-Platz“ heißen wird. Er ist dem Gedenken an die Schwestern Erika und Ilse Töllke gewidmet, die mit ihrer gemeinnützigen Stiftung zahlreiche soziale Projekte realisiert und die Krebsforschung unterstützt haben.
Der Namensgebung vorausgegangen war eine vom Regionalausschuss Lokstedt beauftragte Bürgerbeteiligung im Herbst und Winter 2020, bei der aus der Bevölkerung insgesamt 191 Namensvorschläge beim Bezirksamt eingereicht wurden.
Auf der seit Dezember 2019 überdeckelten Autobahn 7 baut das Bezirksamt Eimsbüttel derzeit im Zentrum des Stadtteils Schnelsen eine neue öffentliche Grün- und Erholungsanlage. Sie umfasst eine Parkanlage mit einem Quartiersplatz und eine Kleingartenanlage, deren 42 Parzellen in die Gesamtanlage integriert sind. Im 2. Quartal dieses Jahres soll der Deckelpark eröffnet werden.
Hier noch einmal die Kurz-Biographien der drei Frauen:
Dorothea Buck
Dorothea Buck (1917-2019) war freiberufliche Bildhauerin und arbeitete von 1969 bis 1982 als Lehrerin für Kunst und Werken an der Fachschule für Sozialpädagogik in Hamburg. 1936 wurde sie im Alter von 19 Jahren mit der Diagnose Schizophrenie in eine psychiatrische Klinik, die „Von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel“ bei Bielefeld, eingewiesen. Die Erfahrungen, die sie dort machte, prägten ihr gesamtes Leben. Während des Aufenthalts in Bethel wurde sie auf Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert. Dorothea Buck verarbeitete ihr Schicksal mit Hilfe der Kunst. Außerdem setzte sie sich für die Aufklärung und die Anerkennung der Verbrechen an psychisch kranken und behinderten Menschen während des NS-Regimes ein und warb für eine „humanere Psychiatrie“. Sie schrieb ein Theaterstück, „Die Tragödie der Euthanasie“, über die systematischen Morde an psychisch kranken und behinderten Menschen, hielt Vorträge, schrieb Briefe an Politiker und Aufsätze sowie ihren autobiografischen Bericht „Auf der Spur des Morgensterns. Psychose als Selbstfindung“, der1990 veröffentlicht wurde. Mit diesem autobiografischen Bericht machte sie vielen anderen Patienten Mut, ihren individuellen Weg zu psychischer Gesundheit zu suchen. Zusammen mit anderen Betroffenen gründete sie im Jahr 1987 den als Arbeitsgemeinschaft weiter bestehenden „Bund der Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten“, der sich für die Anerkennung der Zwangssterilisierten als NS-Verfolgte und gegen das Vergessen des erlittenen Unrechts einsetzte. Ab 1989 entwickelte Dorothea Buck zusammen mit Prof. Thomas Bock in Hamburg Psychoseminare und begründete die Idee des Trialogs zwischen Betroffenen, Angehörigen und den Behandlern. Im Jahr 1992 war sie eine der Gründerinnen und Gründer des Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener (BPE) e. V., deren
Ehrenvorsitzende sie später wurde. Durch ihr Wirken hat Dorothea Buck einen großen Beitrag zur Entstigmatisierung psychisch erkrankter Menschen geleistet. Ihr wurde 1997 das Verdienstkreuz 1. Klasse und 2008 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Im Jahr 2017 wurde sie zudem in Hamburg für ihr Lebenswerk mit der Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes und der Ehrenmedaille Portugaleser in Silber ausgezeichnet.
Geschwister Töllke
Die Schwestern Erika Töllke (1922-2011) und Ilse Töllke (1928-2014) gründeten 2007 unter dem Dach der Haspa Hamburg Stiftung die Erika und Ilse Töllke Stiftung. Diese hat das Ziel, das Gemeinwohl vorrangig in Schnelsen und den angrenzenden Stadtteilen Niendorf und Eidelstedt dauerhaft zu unterstützen. Der Vater der beiden Stifterinnen erwarb 1921 in Schnelsen Grundbesitz und betrieb dort Landwirtschaft und eine Gärtnerei, welche auch von der Tochter Ilse weitergeführt wurde. Die Mutter verstarb im Jahr 1936 an Krebs, zu dieser Zeit waren Erika und Ilse Töllke 14 beziehungsweise 8 Jahre alt. Der frühe Tod der Mutter veranlasste die beiden Schwestern, ihr Vermögen in eine Stiftung für das Gemeinwohl in Schnelsen und den angrenzenden Stadtteilen Niendorf und Eidelstedt, einzubringen. Zahlreiche örtliche Projekte wurden seitdem gefördert. Darüber hinaus werden durch die Stiftung die Krebsforschung und Krebsnachsorge unterstützt. Auf dem Grundstück, auf dem Erika und Ilse Töllke in Schnelsen lebten, hat die Stiftung eine neue Immobilie mit 17 seniorengerechten Wohnungen und einer Kindertagesstätte errichtet.