„Der Niendorfer Norden – damals – heute – morgen“ – Radtour mit dem Forum Kollau

Zusammen mit dem Forum Kollau konnte ich heute auf der Radtour „Der Niendorfer Norden – damals – heute – morgen“ über die geschichtlichen Entwicklungen im nördlichen Niendorf und aktuelle Themen im Quartier und Stadtteil berichten. Mit 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ging ging es rund zwei Stunden einmal quer durch Niendorf Nord. (Hier geht’s zu einem kleinen Video von der Tour).

Hier ein kurzer Überblick über Stationen und Themen, die wir auf der Tour behandelt haben.

1. U Bahn Niendorf-Nord/NNZ

Die Moorlandschaft bestand aus drei Mooren: Dem Rahmoor, dem Schippelsmoor und dem Ohemoor – kurz Ohmoor.

Das Ohmoor und das Schippelsmoor hatten 1928 eine Fläche von 500 Hektar: Im Osten erstreckte es sich bis zum Garstedter Weg, im Süden bis zur Straße Johannkamp, im Westen bis zum Gut Wendlohe und im Norden bis zum Gebiet der Gemeinde Garstedt.

Unmittelbar nach dem Krieg – im Jahr 1946 – beschloss der Hamburger Senat dann, den 300 Hektar großen Niendorfer Anteil am Ohmoor abzutorfen und zu kultivieren. Mit Trümmerschutt wurden neue Straßen aufgeschüttet, das Moor wurde entwässert und später wurden durch die Verlängerung der „Startbahn 2“ des Flughafens weitere Teile des Moores zerstört.

Ab den 1960er Jahren entwickelte sich dann langsam im Ohmoor und seinen Randgebieten mit Niendorf-Nord ein neues Quartier. Ende der 1960er Jahre kam dann die Großsiedlung am Wagrierweg dazu. Das Gebiet rund um die U-Bahn Niendorf-Nord wurde dann in den 1980er Jahren gebaut. Grundlage war der Bebauungs-Plan „Niendorf 37“, der 1977 der Öffentlichkeit vorgelegt wurde und das Gebiet zwischen  den Straßen Moorflagen/Voßbarg/Nordalbingerweg/Swebenweg umfasste. Bei der Planung dieses Quartiers sollten viel Grün, weniger Geschosse und Backstein die neuen Ansiedlungen bestimmen. Den ersten Spatenstich gab es im Sommer 1980 rund um die damals schon geplante Endhaltestelle der U-Bahn und Bauherr war eine Trägergemeinschaft unter der Federführung der Neuen Heimat. Die Bauprojekte zogen sich zehn Jahre hin und die letzten Bauvorhaben wurden dann 1989/90 fertiggestellt. 1991 folgte dann die Eröffnung der U-Bahn in Niendorf-Nord.

In den letzten 10-15 Jahren gab es viele Diskussionen darüber, wie man das Quartier weiter aufwerten kann. Einiges konnte – auch mit öffentlicher Förderung – umgesetzt werden: Breitere und barrierefreie Wege, die Neugestaltung der Grünanlage, neue Bänke, der Wochenmarkt oder Mittel zur Stärkung der örtlichen Interessengemeinschaft Niendorf-Nord.

In bestimmten Bereichen – bspw. in der Brunnen-Passage – konnten größere Lösungen nicht umgesetzt werden, da hier keine Verständigungen mit den Grundeigentümergemeinschaften erzielt werden konnten.

Weiterhin kümmert sich ein Stadtteilbeirat um alle Themen aus dem Quartier und tagt öffentlich dreimal im Jahr. Im Beirat können sich übrigens alle beteiligen, die Interesse an der Entwicklung im Quartier haben. Kontakt über: beiraete-eimsbuettel@lawaetz.de

2. Denkmal „12 Stühle“

Anfang der 1980er Jahre beschloss der Ortsausschuss Lokstedt die Straßen im Quartier nach 11 Hamburger Widerstandskämpfern zu benennen: Georg Appel, Clara und Walter Bacher, Rudolf Klug, Kurt Ledien, Reinhold Meyer, Hanne Mertens, Ernst Mittelbach, Joseph Norden, Margaretha Rothe, Kurt Schill, Paul Thürey.

Die Benennung erfolgte dann 1984.

Das „Mahnmal 12 Stühle“ kam später dazu. Der Düsseldorfer Künstler Thomas Schütte entwarf das Mahnmal zum Gedenken an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, das im April 1987 eingeweiht wurde. Elf Rückenlehnen der Stühle sind mit den Namen der Hamburger Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer versehen, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Auf einer Tafel auf dem zwölften Stuhl, der keinen Namen trägt, wird die Gedenkstätte erläutert und dazu aufgefordert, sich dazuzusetzen und der Frauen und Männer des Widerstands zu gedenken.

3. BGFG-Siedlung Wagrierweg

Die größten Genossenschaftswohnanlage – von der Baugenossenschaft Freier Gewerkschafter – Niendorfs befindet sich im Wagrierweg.

An dieser Stelle lebten bereits in der Steinzeit die ersten Niendorfer. Ihre Spuren – Messer, Pfeilspitzen, Schaber, Bohrer, Faustkeile – hatte der Lehrer Max Möller 1920 auf dem sandigen Ödland entdeckt.

Die sog. „Klingbarg-Siedlung“ wurde hier ab 1966/67 bis 1969 auf einer freien Wiese gebaut. Mittlerweile wohnen über 3.000 Menschen hier in über 1.000 Genossenschaftswohnungen.

Viel wird für die Umfeldgestaltung und das nachbarschaftliche Miteinander getan: Bolzplatz, Spielhaus, Kita, Eltern-Kind-Zentrum, 2 Waschküchen und das beliebte Nachbarhaus befinden sich in direkter Umgebung.

Das BGFG-Nachbarschaftsfest steht dieses Jahr am 8. Juli ab 15 Uhr an, wo auch die Geburtstage der BGFG (101), des Spielhauses (50), von ProNieNo (20) und dem EKiZ (15) gefeiert werden.

4. Verlängerung Kollauwanderweg/ Ecke Jütenweg

Niendorf kann einmal mit dem Rad umrundet werden und man ist dabei rund 20 km nur auf Grünwegen unterwegs.

Man darf Planerinnen und Planern sowie früheren KommunalpolitikerInnen dankbar sein, dass dieser äußere grüne Ring ebenso ständig ausgebaut wurde wie die vielen Grünwegeverbindungen innerhalb des Stadtteils.

Der Kollauwanderweg wurde bereits in Teilen in den 1950/60er Jahren fertiggestellt und die Verlängerung erfolgte dann mit dem Bau der Wagriersiedlung. 1985 kam dann der Baumstreifen dazu – eine Ersatzmaßnahme für Bäume, die aus Flugsicherheitsgründen gefällt werden mussten.

Eine Fläche über die immer mal wieder diskutiert wird, ist begrenzt von der Autobahn im Westen, dem Vielohweg im Süden und Grünflächen im Osten (Bebauungsplan „Schnelsen 63“). Da man davon ausging, dass die Belegungskapazitäten einiger Friedhöfe im Hamburger Nordwesten bald erschöpft sein würden, plante man hier Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre einen neuen Friedhof, der bis heute nicht realisiert wurde. Das Plangebiet unterliegt dem Landschaftsschutz

Im 19. Jahrhundert wurden in Schnelsen die lange bestehenden Bauernhöfe ausgebaut. Das Gut Wendlohe wurde 1882 erbaut. Der Gutshof wurde 1896 von dem Eimsbüttler Apotheker Ernst Sandow erworben, dessen Nachfahren ihn bis 1965 landwirtschaftlich nutzten. Das Gut hatte bis 1965 eine Größe von über 400 Hektar Land und war somit der größte Hof, den es in Schnelsen jemals gegeben hat. Bis 1975 war hier die Reiterstaffel der Polizei untergebracht. Nachdem diese aufgelöst wurde, vermietete man alle Boxen an Pferdebesitzer. Heute ist das Gut Mitglied im Hamburger Landes-Reitverband.

5. Beim Niendorfer Grenzhaus berichtete uns Forums-Vorstand Siegbert Rubsch dann von der Gaststätten-Vergangenheit an dem Standort.

6. Grünanlage Voßbarg

Die Grünanlage wurde ab 1984 entwickelt und der Ortsausschuss stellte damals 60.000 DM aus Sondermitteln für die Anlage eines Wanderweges zwischen Moorflage und Jütenweg bereit. Damit sollte das große entstehende Wohngebiet (Niendorf 37) mit dem Kollauwanderweg und dem Niendorfer Ring verbunden werden. Am 4.11.1986 beschloss der Hamburger Senat dann, auf dem Voßbarg einen Ausgleich für die Grünfläche zu schaffen, die durch die geplante Ansiedlung von IKEA am Wunderbrunnen in Schnelsen wegfallen sollte. Im Frühjahr 1987 begannen dann die Vorarbeiten auf dem Gelände. Neue Wege, Kinderspielplatz und Rodelberg wurden angelegt und ca. 30.000 Bäume und Sträucher gepflanzt.

Hier findet sich heute eine der größten Hundeauslauffläche (14.500 m²) im Stadtteil.

7. Grootsee-Park

Das Niendorfer Ohmoor wies früher zwei größere Teiche aus: Den sogenannten „Lüttsee“ am östlichen Ende der Straße Moordamm und den „Grootsee“ hier zwischen Märkerweg und Nordalbingerweg. Während der Lüttsee in den 1940er Jahren zugeschüttet wurde, sind Teile des Grootsees in der öffentlichen Grünanlage heute noch vorhanden.

Gleich nach dem Ersten Weltkrieg kaufte der Schneider Ch. Wilhelm Kossmann aus Hamburg ein etwa zwei Hektar großes Stück des Ohmoors und eröffnete 1918 den Badebetrieb „Moorbad Grootsee“.

Es gab hier ein flaches, kinderfreundliches „Insel-Bassin“ zum Plantschen, sowie eines mit 1,20 Meter Tiefe, in dem man gut schwimmen lernen konnte. Im 1,70 Meter tiefen Becken waren die geübten Schwimmer unterwegs. Das eigentliche Moorbad, ein Torfschlammbecken, wurde im „Ententeich“ angelegt.

Bis zu 1.000 Besucherinnen und Besucher soll das Moorbad in besten Tagen pro Tag gehabt haben. Da durch Kultivierungs- und Entwässerungsmaßnahmen der Wasserstand ständig abgesenkt wurde und die Vertiefung der Becken sowie die Errichtung vorgeschriebener Gebäude an der Finanzierung scheiterte, musste das Bad 1960 geschlossen werden.

1979 richtete Walter Kossmann, der Enkel des Gründers, noch einen kleinen Angel- und Freizeitpark ein und hob dafür eigenhändig einen Teil des heutigen Grootsees aus und legte den Rodelberg an.

1980 begannen dann die Planungen für die Anlage eines Kinderspielplatzes auf dem Gelände, der 1981 eingeweiht wurde. Der nächste Teilabschnitt der Grünanlage wurde 1986 fertig gestellt, u. a. mit neu angelegten Verbindungswegen vom Kassubenweg, Nordalbingerweg und Märkerweg. Im vier Hektar großen Park kamen Liegeplätze, Bänke, Bäume und Spielmöglichkeiten im Laufe der Jahre hinzu. Am 26.4.1990 wurde das Gelände, das lange Zeit überwiegend in Privatbesitz der Familie Kossmann war, der Öffentlichkeit übergeben.

Bis 2017 lebte die Familie Kossmann auf einem kleinen Teilstück im nördlichen Bereich des Grootseeparks. Am 20.12.2017 brannte das über 100 Jahre alte Holzhaus der Familie Kossmann ab, viele Erinnerungsstücke verschwanden mit ihm.

Eine Tafel des Forums Kollau erinnert hier an ein Stück Niendorfer Geschichte.

8. Sportanlage Sachsenweg

Die Anlage gehört zu den größten Sportanlagen im Bezirk: Neben den benachbarten Schulen, ist der Niendorfer TSV (NTSV) Hauptnutzer der Anlage.

Ende 1973 zählte der NTSV 5.000 Mitglieder, hatte seine Mitgliederzahlen in den 10 Jahren zuvor vervierfacht und war damit der größte Sportverein im Hamburger Sportbund. Durch die neuen Bebauungen im Niendorfer Norden war offensichtlich, dass noch mehr Sporttreibende Angebote in Niendorf benötigen würden.

Die Anlage entstand dann ab 1973/1974 auf Initiative des Vereins, der vorher nur am Vogt-Cordes-Damm und Bondenwald Spielstätten für seine Fußball-Mannschaften hatte.

Der erste Grandplatz wurde im Januar 1974 fertiggestellt, 1975 folgte dann der Rasenplatz mit 400-Meter-Laufbahn und Stehtraverse.

Am 18.7.1977 gab es die offizielle Fertigstellung in seiner jetzigen Größe – Kosten: rund 6,5 Mio DM. Die Einweihung wurde mit Innensenator Staak und Bezirksamtsleiter Kastenmeyer gefeiert und am selben Tag erfolgte dann noch die Grundsteinlegung für das neue NTSV-Clubhaus, das dann 1978 fertiggestellt wurde. Die Finanzierung des 1,3 Mio. DM teuren Clubhauses wurde hitzig diskutiert, da die Vereinsmitglieder Sonderzahlungen dafür leisten mussten.

Die neue Sporthalle wurde dann 2003 errichtet, die alten Umkleidegebäude dafür abgerissen und die Straße für den Durchgangsverkehr geschlossen. Einer der ersten Kunstrasenplätze entstand ebenfalls zu der Zeit und wurde 2017 erneuert

Im nördlichen Bereich der Anlage entstand ein neues Quartier für die NTSV-Laienspieler durch Unterstützung der Bezirksversammlung.

In den letzten drei Jahren gab es nun noch einmal eine umfangreiche Modernisierung für rd. 1,7 Mio. Euro. Ein neuer Kunstrasenplatz wurde eingerichtet und erst kürzlich die neue Skateanlage, die neue Fitnessinsel und der neue Bolzplatz freigegeben.

9. Gymnasium Ohmoor / Stadtteilschule Niendorf (Oberstufe) / Grundschule Sachsenweg

Das Gymnasium Ohmoor ist sozusagen „ein Kind“ des Gymnasium Bondenwaldes (seit 1959) und wurde 1970 gegründet. Die ersten zwei Jahre war das Gymnasium noch an der Schule Burgunderweg in Pavillons beheimatet, 1972 ging es dann am heutigen Standort mit dem ersten H-Gebäude und 12 Klassen los.

Seit 2007 sind hier Ziegen auf dem Gelände beheimatet. 2017/2018 wurden die neue Mensa mit Vitalküche für die Schulen errichtet.

Das Gymnasium Ohmoor ist mittlerweile das größte Gymnasium Hamburgs und hat in der Corona-Zeit 2020 sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert.

Die Grund-, Haupt- und Realschule wurde am 1.8.1972 gegründet und zog mit den ersten Klassen zunächst am Burgunderweg in die Pavillons ein, in denen vorher das Gymnasium Ohmoor beheimatet war – 1973 gab es dann den Umzug an den heutigen Standort

Alle Schulformen haben sich hier in den letzen Jahrzehnten ständig weiterentwickelt. Eine Entlastung für das Gymnasium Ohmoor soll u. a. durch den Neubau der Campus-Schule in Schnelsen kommen.

Angrenzend an die Schule findet sich das NTSV-Tennisgelände.

Nachdem das Gymnasium auf eine Erweiterungsfläche verzichtet hatte, entstanden hier 1982 zunächst sechs Außenplätze und eine Dreifeldhalle. 1985 folgte die Erweiterung auf elf Außenplätze und noch eine weitere Halle.

Vielen Dank für das große Interesse und vor allem an Ingelor Schmidt, Joerg Kilian und Siegbert Rubsch für Organisation, Begleitung und Unterstützung.

Fotos: Joerg Kilian

Hauptquelle: Horst Grigat: Niendorf: Von der Steinzeit bis zur Gegenwart (Band 2)

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