„Fußball ohne Gewalt !?“ – Gesprächsabend zu Fankultur, Sicherheit und Fußball

Sehr viele interessierte Bürgerinnen und Bürger kamen heute in den Kaisersaal im Rathaus – zu einer Veranstaltung unserer Fraktion zu Themen, die Fußballfans in ganz Deutschland bewegen. Unter der Überschrift „Eine runde Sache: Fußball ohne Gewalt – Talks zu Fankultur, Sicherheit und Fußball“ diskutierten unter der Moderation meiner Fraktionskollegen Juliane Timmermann und Sören Schumacher Hamburgs Sportsenator Andy Grote, Sandra Schwedler, (Aufsichtsratsvorsitzende FC St. Pauli), Patrick Ittrich (DFB-Bundesliga-Schiedsrichter), Dr. Thaya Vester Kriminologin an der Universität Tübingen und Mitglied der DFB-„AG Gewaltprävention“ und Cornelius Göbel (Direktor Fans, Kultur und Identität HSV).

Fußball erreicht, begeistert und verbindet viele Menschen jeden Alters. Friedliche Fans sorgen für eine bunte und vielfältige Fankultur. Gleichzeitig erleben die Gesellschaft, die Polizei und die Ordnungskräfte immer wieder Gewalterfahrungen im Stadion oder im Zusammenhang mit Fußballspielen. Beteiligte berichten von zunehmender Brutalität beim Fußball.

Gemeinsam mit unseren Gästen wollten wir viele Facetten dieses Spannungsfelds aufnehmen und beleuchten: Welche präventiven und repressiven Maßnahmen für einen friedlichen Fußball greifen und wo gibt es Anpassungsbedarf? Wie kann für mehr Sicherheit im und rund um das Stadion gesorgt werden, um allen die Freude am Fußball zu ermöglichen?

Dr. Thaya Vester untersucht seit vielen Jahren die Ursachen für zunehmende Gewalt auf deutschen Fußballplätzen. In ihrem Impuls-Vortrag erläuterte sie, dass die Gewalt im Profi-Fußball nur von einem Teil der Fans ausgeht, und falsches Verhalten der Polizei auch nur von einem Teil an den Tag gelegt wird – pauschalisieren sei also nicht angebracht, sonst drehe sich die Eskalationsspirale immer weiter.

Trotzdem sieht sie eine große Gefahr auch darin, dass eigentlich sehr verschiedene Fangruppierungen sich immer mehr solidarisieren und pauschale Feindbilder entwickeln z. B. gegen den DFB, die DFL oder die Polizei – mit teilweise übelsten Verunglimpfungen wie z. B. zuletzt die Fadenkreuz-Plakate.

Auch in unteren Ligen werde Gewalt sichtbar – so gäbe es im Amateurfußball in 0,3 Prozent aller Spiele eine Meldung über Gewalthandlungen. Das erscheine erst einmal nicht viel ist, aber durch die weite Verbreitung des Fußballs seien es dann doch mehrere Tausend betroffene Personen pro Saison. Zudem gäbe es Dunkelziffern, also Fälle, die gar nicht gemeldet werden, oder Vorkommnisse wie Unhöflichkeiten, Unsportlichkeiten, Respektlosigkeiten.

Eine klare Position bezog Frau Dr. Vester zum Thema Pyrotechnik – welche mittlerweile auch immer verstärkter bis in die Kreisligen hinein benutzt wird: Die Zahl der Trommelfellrisse, Knalltraumata und Verbrennungen habe erheblich zugenommen. Das mit einem „tja, selber Schuld“ zu kommentieren oder auf die Eigenverantwortung zu verweisen, sei nicht richtig, so Frau Dr. Vester abschließend, sie sei ganz klar der Auffassung, dass die Gesellschaft auch hier die Aufgabe habe, Menschen vor Dummheiten zu bewahren und sie stellenweise auch vor sich selbst zu schützen.

Unser Innen- und Sportsenator Andy Grote hat natürlich als oberster Dienstherr nicht nur eine möglichst gewaltfreies Fußballspiel im Auge, sondern vor allem auch das Wohl der Polizistinnen und Polizisten.

Es werde gerade in den Vorbereitungen für ein Spiel sehr viel getan, im engen Dialog mit den beteiligten Clubs – gerade bei Derbys. Aber das sei nur möglich mit einem sehr großen Polizeiaufgebot, was natürlich hauptsächlich an Wochenenden geschehe und eine Mehrbelastung bedeute.

Dann aber zusätzlich zu erleben, wie Polizistinnen oder Polizisten als Feindbilder beschimpft oder gar verletzt werden, sei kaum zu ertragen.

Insgesamt, so Andy Grote, müsse der Dialog mit den Vereinen intensiv weitergeführt werden, zum anderen müsse auf Länderebene mit allen zuständigen Ministerien und zusammen mit DFB und der DFL an verbesserten Konzepten gearbeitet werden, um die Gewalt in und um die Stadien herum einzudämmen.

Auch Bundesligaschiedsrichter Patrick Ittrich beobachtet im Laufe seiner jahrelangen Tätigkeit eine Zunahme der Gewalt, womöglich auch in Folge eines gewissen Werteverlustes, sieht aber die Chance, gerade weil unsere Gesellschaft eigentlich diverser und kommunikativer geworden ist, Gewalt mit mehr Transparenz und vor allem Dialog zu begegnen. Natürlich gebe es rote Linien, wenn Straftaten begangen würden, gleichwohl aber dürfe man auch nicht tatenlos Demütigungen, Diskriminierungen und Hassgesängen zusehen.

Sandra Schwedler vom FC St. Pauli betonte, dass man aus ihrer Sicht nicht alles in einen Topf werfen dürfe, also Gewalt, Pyrotechnik und Fadenkreuze, zudem frage sie sich, ob das teils martialische Auftreten der Polizei, vermummt und mit „der Hand am Schlagstock“ sein müsse. Und ebenso mahnte sie an, die Fanprojekte wieder finanziell besser zu unterstützen, gerade die sozialpädagogische Arbeit würde der Gewalt im Fußball entgegenwirken.

Cornelius Göbel vom HSV sprach von einer Professionalisierung in der Fanarbeit in den letzten 10 bis 15 Jahren, was sich auch mittlerweile z. B. durch ein begleitendes Studium des DFB zeige. Und ebenso wie der FC St. Pauli beschäftigen sie sich intensiv mit Prävention gegen Rassismus und sexualisierte Gewalt.

Es war eine sehr interessante und gerade in diesen (Fußball-)Zeiten wichtige Veranstaltung – hier noch einmal komplett zu sehen: SPD-Fraktion: Gewalt im Fußball

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