Gestern Abend konnten wir im Begegnungszentrum in der Alten Schule auf dem Tibarg eine sehr interessante Veranstaltung durchführen, die ich moderieren durfte. Im Gespräch mit dem Eimsbütteler Bezirksamtsleiter Kay Gätgens sowie unseren Niendorfer SPD-Bezirksabgeordneten Ines Schwarzarius und Torge Urbanski wurden zahlreiche Themen besprochen.
Durch die derzeitige gesamtpolitische Situation, vor allem aufgrund des Ukraine-Krieges, aber auch durch die wieder zunehmenden Corona-Infektionszahlen, seien seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dauerhaft im Krisenmodus, so Kay Gätgens. Natürlich blieben die per se wichtigen Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung, demographischer Wandel und Wohnraum aber ganz oben auf der Agenda.
Bisher könne man das alles noch gut bewältigen, so Gätgens weiter, einzig die Anzahl der Wohngeldanträge sei erheblich angestiegen, was eine gewisse Herausforderung darstelle. Er hoffe, dass in dem Zusammenhang die unter anderem von Hamburg angestrebte Wohngeldreform Ende November endgültig im Bund abgestimmt werde.
Vor allem aber die stark gestiegene Zahl der Geflüchteten stellt eine Herausforderung dar: Pro Tag kommen nach wie vor zwischen 60 und 100 ukrainische Geflüchtete in Hamburg an, hinzu kommen täglich 50 bis 80 weitere Menschen aus unterschiedlichen Nationen in die Stadt, viele stammen aus Syrien und Afghanistan.
Insgesamt beherbergt die Stadt etwa 45.000 Menschen, die Auslastung der Unterkünfte liegt nahezu bei 100 Prozent. Man kann wohl erwarten, dass in den kommenden Monaten bis zu 50.000 Menschen einen Platz in einer öffentlichen Unterkunft benötigen.
Die Stadt und auch der Bezirk Eimsbüttel seien gut vorbereitet gewesen, so Kay Gätgens, trotzdem führe kein Weg daran vorbei, die Menschen jetzt auch in Notquartieren unterzubringen. Eine solche Unterbringung solle zwar auf wenige Tage begrenzt bleiben, aber wie lange die Betroffenen wirklich in solchen Unterkünften wohnen müssten, sei noch nicht abzusehen.
Das alles ist insofern eine riesige Aufgabe: Neue Notquartiere müssen gesucht werden, und wenn dann passende Unterkünfte gefunden sind, müssten diese so hergerichtet werden, dass Menschen dort sicher untergebracht werden können. Das sind, abgesehen von herkömmlichen Renovierungsmaßnahmen, unter anderem Installationen von Brandmeldeanlagen und Untersuchungen der Wasserleitungen auf Legionellenbefall.
In Niendorf gibt es an der Schmiedekoppel die größte Flüchtlingsunterkunft im Bezirk, aber gerade hier sei die Hilfsbereitschaft von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern besonders groß, lobte Ines Schwarzarius. Deshalb sei es wichtig, dass die Alte Schule auch im Rahmen der Neugestaltung der Tibarg-Mitte als Begegnungszentrum erhalten bleibe, was von Kay Gätgens absolut unterstützt wurde.
Ines Schwarzarius wies aber auch noch auf ein weiteres wichtiges Thema hin. Denn das eine sei, die Flüchtlinge erst einmal ordentlich zu versorgen und unterzubringen, das andere die Bewältigung von erheblichen Traumatisierungen dieser Menschen. In diesem Zusammenhang sei die psychologische, traumaspezifische Beratung und Behandlung von Menschen, die unter den Folgen von Gewalt, Krieg, Verfolgung und Flucht leiden, genauso zu beachten.
Dies leistet das 2019 gegründete Koordinierende Zentrum für traumatisierte Geflüchtete, angegliedert an das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und gefördert durch die Sozialbehörde. Dort werden entsprechende therapeutische Angebote gemacht, zudem vernetzt das Zentrum die Hilfelandschaft für traumatisierte Geflüchtete und berät und unterstützt andere Hilfs-Institutionen, die mit der Zielgruppe arbeiten.
Torge Urbanski berichtete dann ausführlich über die Arbeit im Regionalausschuss Lokstedt-Niendorf-Schnelsen, den er seit über dreieinhalb Jahren als Vorsitzender leitet. Hier werden viele Themen besprochen, die für Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag vor Ort wichtig sind. Das können Fragen um Parkbänke, Zebrastreifen und Schutzgitter an Straßen sein, aber auch Parkanlagen, Straßenrenovierungen und Fluglärmschutz. Er verwies noch einmal darauf, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen nicht über Umwege gehen müssen, sondern direkt auch die jeweiligen offenen Fragestunden der Regionalausschuss-Sitzungen besuchen können.
Weitere Themen waren die geplante Neugestaltung der Tibarg-Mitte oder die Erweiterungspläne für das St. Pauli-Trainingsgelände am Langenhorst. Kay Gätgens betonte dabei deutlich, dass zum einen der Verein ein solches Trainingsgelände aufgrund der Auflagen der Deutschen Fußball-Liga vorweisen muss. Auf der anderen Seite werden gerade die Untersuchungen und erforderlichen Maßnahmen, die aufgrund des Überschwemmungsgebietes an der Kollau notwendig seien, gründlich und transparent im Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden. Und die von den Planungen betroffenen weiteren Vereine sollen an den neuen Standorten keine schlechteren Bedingungen vorfinden, sondern bspw. im Baseball-Bereich dann sogar eine bundesligataugliche Spielstätte bekommen.
Aus dem Publikum wurden in der Folge u. a. die Perspektiven für den südlichen Tibarg thematisiert oder auch die Möglichkeiten zur Verbesserung der Wärmeversorgung durch mögliche weitere Blockheizkraftwerke.
Zum Schluss kam dann noch ein Thema auf, welches mit Eimsbüttel nicht direkt zu tun hat, aber zurzeit in ganz Hamburg, und auch im Bund diskutiert wird – eine mögliche Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an dem kleinsten Terminal der vier großen Containerterminals im Hamburger Hafen, dem Tollerort-Terminal. Befürworter sehen in der Beteiligung eines der größten Logistikunternehmen weltweit die Sicherung von vielen Jobs und Umsatzsteigerungen für den Hafen. In vielen anderen europäischen Häfen gibt es solche Beteiligungen bereits und anders als beispielsweise in Piräus würde Cosco zudem in Hamburg rechtlich keine Kontrolle über das Terminal bekommen. Eine Beteiligung mit zunächst angestrebten 35 Prozent scheint nun auch vom Tisch, die Bundesregierung hat sich demnach auf 24,9 Prozent geeinigt.
Nachzuvollziehen sind aber natürlich auch Bedenken, denn gerade der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat gezeigt, dass wirtschaftlicher Austausch nicht auch unbedingt politische Annäherung hervorruft. Insofern muss es für uns heißen, für die Zukunft Lehren zu ziehen und einseitige Abhängigkeiten zu verringern. In diesem Falle aber geht es nicht um eine totale Abhängigkeit und auch nicht um einen „Ausverkauf des Hamburger Hafens“, wie in einigen Medien zu lesen war.
Vielen Dank für das große Interesse und die regen Beiträge aus dem Plenum – sowie vor allem an unseren Bezirksamtsleiter für die vielen Einblicke und Einschätzungen.