„Über Werte, Demokratie und Zusammenhalt“ – Kultursenator Brosda zu Gast in Niendorf

„Über Werte, Demokratie und Zusammenhalt“ war das Thema unseres heutigen Diskussionsabends in der gut besuchten Kursana-Residenz, zu dem ich Kultursenator Carsten Brosda nach Niendorf eingeladen hatte und in dessen Mittelpunkt das viel beachtete Buch von Brosda „Die Zerstörung“ stand, welches im letzten Jahr erschienen ist.

Nach meiner Begrüßung und Einführung berichtete Brosda über seine Beweggründe, das Buch zu schreiben, und natürlich über seine Analysen zur Parteien- und Medienlandschaft und seine Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen.

Brosda betonte ausdrücklich, dass sein Buch nicht auf die Situation in Hamburg gemünzt sei. Gleichwohl gebe es bedenkliche bundesweite Entwicklungen, die den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu zerstören drohten, und das leider vor allem in den neuen Bundesländern. Insbesondere die unrühmliche Rolle der AfD wurde hierbei thematisiert.

Brosda, in Hamburg auch der für Medien zuständige Senator, ging auf die große Bedeutung der Sozialen Medien ein, über die mittlerweile Themen gesetzt und eine große Öffentlichkeit erreicht werden kann, u. a. am Beispiel des Rezo-Videos. Man dürfe Social Media nicht verdammen, sondern müsse mit seriösen Angeboten mitmischen – auch die SPD sei da zu lange zu behäbig gewesen. Trotzdem müsse man auch an der Weiterentwicklung von Regeln arbeiten, so z. B. im Bereich des Datenschutzes oder auch der unsäglichen Online-Beschimpfungen. Letztlich sei aber der digitale Fortschritt nicht aufzuhalten – auch Kaiser Wilhelm II. habe sich einst doch gewaltig verschätzt, als er dem Automobil gegenüber der Kutsche keine Chance einräumte, so Brosda augenzwinkernd.

Die Gesellschaft würde so immer mehr in Einzelinteressen zerfasern, so Brosda, dabei müsse es gerade bei komplexen Themen vor Ort gelingen, im Gespräch zu bleiben und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu organisieren. Oder wie es Brosda in seinem Buch formuliert hat: „Es geht darum, dass wir uns wieder in die Lage versetzen, radikal verständigungsbereit zu sein. Darum, dass wir leidenschaftlich vernünftig sind. Und darum, neue demokratische Solidarität auszuprägen.“

Damit hatten wir genug Gesprächsstoff für die sich anschließende Gesprächsrunde mit der Niendorfer Pastorin Maren Gottsmann, meiner Schnelsener SPD-Kandidatin Sabine Jansen und mir unter der Moderation meiner Bürgerschaftskollegin Monika Schaal.

Vor allem ging es darum, wie auf die Erkenntnisse des Buches, künftig gerade bei komplexen Themen vor Ort gute Antworten und Mechanismen finden.

Besonders in Niendorf habe sich angesichts der Flüchtlingssituation gezeigt, wie ein solidarisches Miteinander funktionieren kann, so Maren Gottsmann, und zwar mit allen beteiligten Akteuren wie Bezirksamt, Tibarg Arbeitsgemeinschaft, Kirche und den demokratischen Parteien, und nicht zuletzt mit der unglaublich hohen Anzahl an hoch motivierten und sehr engagierten Ehrenamtlichen. Zudem lobte Maren Gottsmann auch die positive und konstruktive Begleitung durch die Berichterstattung des Niendorfer Wochenblattes. Dem konnte ich voll und ganz zustimmen.

Pastorin Maren Gottsmann schilderte ihre Erfahrungen aus der Niendorfer Flüchtlingsarbeit

Die Veranstaltung ging dann auch länger als geplant, denn auch aus dem Publikum gab es noch viele Fragen und auch Ergänzungen. Und hier zeigte sich, dass Brosda sich nicht nur in seinem „Geschäftsbereich“ sehr gut auskennt. Auch zu den Themen Verkehr, Stadtgrün oder Wohnungsbau gab es fundierte Meinungen. Vor allem ein gegeneinander Ausspielen von Wohnungsbau und „Grün und Natur“ dürfe es nicht geben, da sei man sich nicht nur innerhalb der Partei, sondern auch im Senat einig.

Gerade im Bereich Wohnungsbau sei der Drittelmix an Eigentums-, Miet- und Sozialwohnungen unerlässlich für ein gut durchmischtes, soziales Miteinander in einem Quartier. Den Unkenrufen, dass Hamburg zu stark wachse, hielt er entgegen, dass ihm eine Stadt lieber sei, die attraktiv und lebenswert sei und NeubürgerInnen anziehe, als eine Stadt beispielweise im Ruhgebiet, die durch Zechenschließung und den Niedergang der Stahlindustrie hunderttausende Einwohner verlieren und allmählich veröden würde.

Zum Thema Stadtgrün verwies Brosda auf zahlreiche andere Millionenstädte, die nicht annähernd so viele Grünflächen besäßen wie Hamburg. In diesem Zusammenhang brachte er einen seiner zahlreichen Bonmots – Gäste aus Japan würden Hamburg als „Stadt im Wald“ bezeichnen.

Auf die Schlussfrage, welche Visionen er denn hätte, zitierte er Franz Müntefering: „Die einen (Marxisten) haben an das Paradies auf Erden geglaubt, die anderen (Sozialdemokraten) das Recht auf eine Kaffeepause erstritten.“ Visionen und Ziele zu haben, auch z. B. für 2050 oder darüber hinaus, sei natürlich wichtig. Gleichwohl aber befände man sich im Hier und Jetzt, müsse die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, und zwar mit einer Programmatik, die sich nicht auf ein Thema stürzt oder auf Einzelinteressen. Insofern sei das Wahlkampfmotto der SPD hier in Hamburg, „Die ganze Stadt im Blick“, hervorragend gewählt.

Angeregte Diskussionen mit dem Publikum

Zum Schluss gab es den verdienten Applaus für den Senator, und der Büchertisch von Christine Hoffmeister aus unserem tollen „Büchereck“ in Niendorf-Nord wurde rege frequentiert. Leider gab es kleinen Wermutstropfen: Carsten Brosda konnte die Bücher nicht signieren, denn er hatte sich vor kurzem bei einem Sturz das rechte Handgelenk gebrochen. Immerhin leuchtete der Gips in SPD-rot, und auch dazu konnte er noch ein weiteres Bonmot zum Besten geben. Als gebürtiger Gelsenkirchener und Schalke-Fan von Geburt an hätte er nach Meinung zahlreicher Freunde doch eigentlich die Farbe Blau wählen müssen, aber für ihn war die Mitgliedschaft in unserem „Verein“, der SPD, doch wichtiger. Und zum Signieren würde er auf jeden Fall nochmal nach Niendorf zurückkommen.

Mit Carsten Brosda, Sabine Jansen, Monika Schaal und Maren Gottsmann (v.l.n.r.)

Es war eine Veranstaltung, aus der auch ich viel mitnehmen konnte. Mein Dank gilt allen Beteiligten und natürlich den vielen Besuchern, die sich an diesem nasskalten Januar-Abend auf den Weg gemacht haben.

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