Im Ernst-Deutsch-Theater fand heute, am 27. Januar, dem internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, die Verleihung des Bertini-Preises statt. Er wird jedes Jahr an junge Menschen vergeben, die sich für ein solidarisches Zusammenleben in Hamburg engagieren und gegen die Ausgrenzung von Menschen in der Hansestadt eintreten. Moderiert wurde die Preisverleihung von Aimen Abdulaziz-Said (NDR).
Ausgezeichnet wurde dabei auch das „Building Bridges Tournament“ der NTSV-Wildcats, die hier nicht nur ein sportliches Event organisiert haben, sondern auch eine Initiative gegen Rassismus, Unrecht und Ausgrenzung.
Die Jugendlichen der U-18-Mannschaft organisieren das alles selbst, entscheiden, welche Projekte sie unterstützen, und setzen sich leidenschaftlich für ihre Ziele ein. Im Rahmen des „Building Bridges“ fand ein „Refugees Tournament“ statt, bei dem Kinder und Jugendliche, darunter auch Geflüchtete, gemeinsam mit den Wildcats spielten. Dabei wurden Sprachbarrieren überwunden und Brücken zwischen den Teilnehmenden gebaut. Das Event zeige, wie Basketball als Instrument für Gemeinschaft, Freundschaft und den Abbau von Vorurteilen dienen kann.
Auch ein Projekt der Julius-Leber Schule ist unter den sechs Preisträgern. Unter dem Motto „Zusammenhalt zählt“ haben Schülerinnen und Schüler des gesamten zehnten Jahrgangs Obdachlosigkeit sichtbar gemacht.
Der gesamte Jahrgang setzte sich zunächst intensiv mit dem Buch „Unter Palmen aus Stahl“ von Dominik Bloh auseinander, das die Erfahrungen eines jugendlichen Obdachlosen in Hamburg schildert. Dies führte zu einem Bewusstsein für die Ausgrenzung und Diskriminierung obdachloser Menschen, die häufig übersehen werden.
In Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation GoBanyo und deren Mitbegründerin Gülay Ulas starteten die Schüler/innen dann eine Spendenaktion für Thermosocken. Sie konnten über 3000 Euro an Spenden sammeln und übergaben mehr als 1000 Sockenpaare an Obdachlose. Die Schüler/innen kauften auch Hinz und Kunzt Zeitungen und führten Gespräche mit den Verkäufer/innen, die oft selbst obdachlos waren. Das Ziel des Projekts ist es, die Hilfsbereitschaft aufrechtzuerhalten und weiterhin auf die Situation von Obdachlosen aufmerksam zu machen.
Ebenfalls ausgezeichnet wurde das neu erstellte Mahnmal „Die Kinder vom Bullenhuser Damm“ – den Gedenktag an die fürchterliche Ermordung durch die Nazis begehen auch wir jedes Jahr in Schnelsen-Burgwedel.
Die Vielfalt-AG der Brecht-Schule in St. Georg, die sich mit Themen wie Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus auseinandersetzt, hat dieses Mahnmal in einer intensiven Gemeinschaftsarbeit entwickelt. Das Mahnmal besteht aus Stahlfiguren, die die Leerstelle und unerfüllten Träume der ermordeten Kinder symbolisieren. Es enthält zudem eine Tafel mit einem QR-Code, der zu weiterführenden Informationen über die Geschichte der Kinder und Veranstaltungen zur Förderung von Toleranz und Menschenrechten führt.
Die weiteren Preisträger:
„5. Stolperstein in Eidelstedt“ ist ein Projekt von Schülerinnen und Schülern der Beruflichen Schule Eidelstedt. Über ein Jahr hinweg arbeiteten sie mit Ausdauer, Neugier und Empathie daran, das Schicksal von Leni Timm, einem Mädchen aus Eidelstedt, zu erforschen. Durch ihren Einsatz wurde die Schule Patin für einen Stolperstein, der an ihr Leben und das Unrecht der NS-Zeit erinnert.
Die Theaterperfomance „Romplay – ein Platz für die Roma unter der Sonne“ der Stadtteilschule am Hafen setzt sich mit den Erfahrungen der Roma-Community sowie der strukturellen Diskriminierung von Roma in Deutschland auseinander
Und „Stolpersteine in Blankenese“ ist ein Projekt von zwei Geschwistern aus Blankenese. 2019 haben sie eine Bewegung ins Leben gerufen, die den 9. November als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus im Stadtteil etabliert.
An dieser Stelle schon einmal vielen Dank für dieses tolle Engagement und herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung!
Auch unsere Schulsenatorin Ksenija Bekeris war sehr beeindruckt vom Engagement der jungen Menschen. In ihrer Rede sagte sie:
„Weil mir Demokratiebildung ein so zentrales Anliegen ist, wollen und werden wir diese weiter stärken. So entwickeln wir ein gemeinsames Leitbild, in dem wir ein grundlegendes Verständnis über Demokratiebildung in allen Lebens- und Bildungsphasen von der Vorschule bis hin zum lebenslangen Lernen konzentriert zusammenführen. Wir werden dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung und der Landeszentrale für politische Bildung ermöglichen, Schulen Projekte wie die Demokratiewerkstatt zukünftig in noch größerem Umfang als bislang anzubieten oder eigene Projekte der Demokratiebildung zu realisieren.
Gleichzeitig soll die Lehrkräftequalifizierung im Bereich der Demokratiebildung deutlich ausgeweitet werden. Hamburgs Schulen müssen, mehr noch als bisher, ein Ort gelebter Demokratie werden. Hier müssen demokratische Prozesse im täglichen Miteinander erprobt und eingeübt werden. Schulen als Ort der Demokratie muss von allen Beteiligten gemeinsam, Schulen, Schulgemeinschaften, Schulbehörde, Landesinstitut sowie von Kooperationspartnern mit Tatkraft vorangetrieben werden. Dafür setze ich mich ein.
Darüber hinaus will ich erreichen, dass alle Hamburger Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer Schulzeit eine Gedenkstätte besuchen und dort hautnah, eingebettet in ein Unterrichtskonzept, unsere lebendige Erinnerungskultur kennenlernen.“
Weitere Informationen und die ausführlichen Begründungen für die Preise gibt es hier:

Hintergrund: Der BERTINI-Preis
Der Name des Preises geht zurück auf den Roman „Die Bertinis“, in dem der Hamburger Schriftsteller Ralph Giordano, angelehnt an das Schicksal seiner Familie, die Verfolgung in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur schildert. Der Roman geißelt die Ausgrenzung, Verfolgung und Erniedrigung, die viele Hamburger/innen in jener Zeit erlitten, und er beschreibt Menschen, die damals wegschauten, das Unrecht duldeten oder unterstützten. Zugleich würdigt er jene, die Zivilcourage bewiesen und ihren verfolgten Mitbürger*innen– oft unter Einsatz des eigenen Lebens – geholfen haben.
Anknüpfend daran will der BERTINI-Preis Projekte fördern, die sich gegen Ausgrenzung von Menschen in Hamburg wenden. Der BERTINI-Preis leistet Erinnerungsarbeit und macht Spuren vergangener Unmenschlichkeit in Hamburg sichtbar. Er will junge Menschen würdigen, die ungeachtet der persönlichen Folgen couragiert eingegriffen haben, um Unrecht, Ausgrenzung und Gewalt von Menschen gegen Menschen in Hamburg zu verhindern.