Wohl kaum eine Geste hat mich im Nachhinein so bewegt, wie der Kniefall von Willy Brandt vor genau 50 Jahren. Am Ehrenmal für die Ermordeten des Warschauer Ghettos blieb Brandt nach der Kranzniederlegung nicht wie üblich stehen, sondern sank auf die Knie und verharrte schweigend etwa eine halbe Minute. Eine Bitte um Vergebung für die Nazi-Verbrechen, das Signal, niemals zu vergessen und für Aussöhnung und Verständigung einzutreten.

Walter Scheel schrieb hierzu: „In dem Moment, als wir ausstiegen und vor das Mahnmal traten, war die Stimmungslage sehr überwältigend. Plötzlich sank Willy Brandt auf die Knie und jeder Mensch, der anwesend war, hätte es ihm gleichtun wollen und jeder hat diese Geste, diese vollkommen ungeplante und spontane Geste, für einzigartig und beeindruckend empfunden. […] Es war eine dieser Fähigkeiten Willy Brandts, die ich bei ihm so sehr geschätzt habe, die Menschen emotional anzusprechen und für alle erkennbare Zeichen zu setzen. Ich habe keinen Politiker erlebt, der vergleichbar gewesen wäre.“